Die neuen Regeln des Zahlungsverzugsgesetzes sind bereits am 16. März 2013 in Kraft getreten. Sie erfordern rasches Handeln für Unternehmer, weil die rechtlichen Rahmenbedingungen für deren geschäftliches Tätigwerden so mitunter wesentlich verändert wurden; vor allem die im Unternehmen verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen anzupassen sind.
Mit dem Zahlungsverzugsgesetz (ZVG) werden als Reaktion auf eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Zahlungsverzugs-Richtlinie (RL 2000/35/EG) Ort, Art und Zeit der Erfüllung von Geldschulden im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) in tief greifender Weise neu geregelt.
Das ZVG setzt aber auch die neue Zahlungsverzugs-Richtlinie (RL 2011/7/EU) im Unternehmensgesetzbuch (UGB) um.
Geldschulden werden zu Bringschulden.
Geldschulden, bei denen der Schuldner bislang nur das rechtzeitige Abgeben des Überweisungsauftrages bewirken musste, werden zu Bringschulden, wo der Schuldner nur dann rechtzeitig gezahlt hat, wenn die Zahlung fristgerecht beim Gläubiger eingelangt ist. Dies gilt nicht nur für vertragliche Schuldverhältnisse, sondern (aufgrund von ebenfalls vorgesehenen Anpassungen in den §§ 1417 und 1420 ABGB) auch bei Ansprüchen ohne Vertrag.
Sofern nichts anderes vereinbart ist, hat der Schuldner das Wahlrecht zwischen der Erfüllung mit Bargeld oder durch Überweisung mit „Buchgeld“ (§ 907a ABGB).
Die Wahl der Überweisung setzt allerdings voraus, dass der Gläubiger ein Bankkonto bekannt gegeben hat, wobei hier wohl schon die Anführung des Bankkontos auf Geschäftsdokumenten ausreichen soll (RV 13). Ein gesetzlicher Anspruch des Schuldners auf Bekanntgabe eines Bankkontos und damit auf Inanspruchnahme der Möglichkeit, die Geldschuld durch Überweisung zu erfüllen, ist lediglich in zwei Teilbereichen eingeführt, nämlich
- für Mieter im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) sowie im Anwendungsbereich des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (§ 15 Abs 3 MRG) und
- für Verbraucher, sofern bei dem konkreten Verbrauchergeschäft nicht – wie etwa bei Zug-um-Zug-Geschäften – Barzahlung verkehrsüblich ist (§ 6a Abs 1 KSchG).
Es ist so Unternehmern zu empfehlen, die Möglichkeit der Erfüllung von Zahlungspflichten durch Banküberweisung in deren Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), Einkaufsbedingungen bzw. Bestellvordrucke aufzunehmen.
Wann ist Überweisung rechtzeitig?
Die Rechtzeitigkeit einer Zahlung durch Banküberweisung ist nunmehr differenziert zu ermitteln; es kommt darauf an, ob die konkrete Fälligkeit „schon im Vorhinein bestimmt ist“ oder nicht.
Von vorbestimmter Fälligkeit ist auszugehen, wenn sowohl der Fälligkeitstermin als auch der exakt zu zahlende Betrag ohne Hinzutreten weiterer Umstände (etwa einer Rechnungslegung) vorab feststehen. In diesem Fall hat der Schuldner den Überweisungsauftrag so rechtzeitig zu erteilen, dass der geschuldete Betrag am Fälligkeitstermin auf dem Gläubigerkonto wertgestellt ist.
Ist die Fälligkeit aber nicht schon im Voraus bestimmt, etwa weil sie erst durch die Erbringung der Gegenleistung, eine Abrechnung oder eine Zahlungsaufforderung ausgelöst wird, wird zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit auf die Erfüllungshandlung des Schuldners abgestellt. Die Zahlung erfolgt so rechtzeitig, wenn der Überweisungsauftrag ohne unnötigen Aufschub nach Eintritt des für die Fälligkeit maßgeblichen Umstandes erteilt wird; hier ist wohl im Regelfall von einer zwei- bis viertägigen Frist auszugehen (RV 16).
Da diese Regelung dispositives Recht darstellt, können diese Regeln durch vertragliche Abreden geändert werden. Dies wird wohl in den meisten Fällen zu empfehlen sein.
Mietrecht, Versicherungsprämien.
Im Mietrecht wird der gesetzliche Zahlungstermin für den Mietzins vom 1. auf den 5. des Monats verschoben und im Mietrechtsgesetz (MRG) zugunsten des Mieters zwingend gestellt (§ 15 Abs 3 MRG). Die Vereinbarung eines späteren Zahlungstermins wäre zulässig. Die Rechtzeitigkeit der Zahlung wird für den mietrechtlichen Bereich nicht gesondert geregelt, sodass auch hier eine vertragliche Regelung zu empfehlen ist.
Versicherungsprämien bleiben qualifizierte Schickschulden mit Erfüllungsort beim Schuldner, weshalb der bisherigen Rechtspraxis entsprechend grundsätzlich die Absendung bei Eintritt der Fälligkeit genügt. Für ab dem 1. Februar 2013 geschlossene Versicherungsverhältnisse eines Unternehmers gilt es dann aber auch, die Prämie so rechtzeitig abzusenden, dass sie bei Fälligkeit bereits beim Versicherer eingelangt ist.
Verbraucherverträge.
Erfüllt ein Verbraucher eine gegenüber einem Unternehmer bestehende Geldschuld durch Banküberweisung, reicht es für die Rechtzeitigkeit aus, wenn der Überweisungsauftrag am Fälligkeitstag bei der Bank des Verbrauchers eingeht. Maßgeblich ist die physische oder elektronische Abgabe des Auftrags bei der Bank, auch außerhalb der Banköffnungszeiten (§ 6a KSchG).
Diese Regelung ist zwingend; sollten die AGB eines Unternehmers anderes vorsehen, gilt es dies zu ändern.
Zeitlicher Anwendungsbereich
Die neuen Regeln im ABGB sind auf Rechtsverhältnisse anzuwenden, die ab 16. März 2013 begründet werden, und auch auf Zahlungen, die im Rahmen von früher begründeten Rechtsverhältnissen mit wiederholten Geldleistungen nach dem 16. März 2013 fällig werden (§ 1503 Abs 2 ABGB).
Änderungen im UGB
Im Unternehmensgesetzbuch (UGB) ist ein neuer Achter Abschnitt im Vierten Buch (§§ 455-460) geschaffen worden, der sowohl für Rechtsgeschäfte zwischen Unternehmern als auch für Rechtsgeschäfte zwischen einem Unternehmer und einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gilt.
Auf Verträge, die ab 16. März 2013 geschlossenen werden, sind folgende neue Regeln anzuwenden:
Der Verzugszinssatz wird von 8 auf 9,2 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz erhöht (§ 456 UGB). Dieser Verzugszinssatz kommt nur zur Anwendung, wenn der Schuldner den Verzug zu verantworten hat. Anderenfalls sind nur Verzugszinsen von 4 % pro Jahr geschuldet.
Gläubiger haben bei Zahlungsverzug Anspruch auf eine Pauschalentschädigung für Betreibungskosten iHv EUR 40. Dieser Anspruch ist vom Nachweis eines Verschuldens oder Schadens unabhängig (§ 458 UGB).
Das UGB hat nunmehr auch eine Nichtigkeitssanktion für Vertragsbestimmungen über den Zahlungstermin, die Zahlungsfrist, den Verzugszinssatz oder die Entschädigung für Betreibungskosten erhalten, die für den Gläubiger „grob nachteilig“ sind (§ 459 UGB). Hier gilt es wohl vor allem zu prüfen, ob bestehende Regelungen in den AGB den neuen Vorgaben Stand halten; diese also noch als zulässig und wirksam zu beurteilen sind.
Zahlungsfristen bis 60 Tage sollen keinesfalls, der Ausschluss von Verzugszinsen jedenfalls und der Ausschluss der Pauschalentschädigung für Betreibungskosten in der Regel einen groben Nachteil darstellen; also unzulässig und unwirksam sein.
Dr. Werner Borns, Rechtsanwalt
im Mai 2013