Neben der Möglichkeit, das Betreten von Betriebsstätten zu untersagen, hat das COVID-19-Maßnahmengesetz auch die Möglichkeit geschaffen, durch Verordnung das Betreten von „bestimmten Orten“ zu untersagen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
Was genau unter einem „bestimmten Ort“ zu verstehen ist, ist im Gesetz nicht näher geregelt; der diesem Gesetz zugrunde liegende Initiativantrag erklärt aber, dass darunter etwa Kinderspielplätze, Sportplätze, See- und Flussufer oder konsumfreie Aufenthaltszonen gemeint sein können; diese Orte in der Verordnung
- abstrakt („Kinderspielplätze“, „Sportplätze“) oder
- durch eine genaue Ortsangabe (zB betreffend bestimmte konsumfreie Zonen, Ortsgebiete, Gemeinden) oder
- eine Kombination aus beidem (Kinderspielplätze in einem bestimmten Bundesland)
umschrieben werden können. Das Gesetz gibt so dem Gesundheitsminister (bei räumlich beschränkteren Verordnungen dem Landeshauptmann oder der Bezirksverwaltungsbehörde) die Möglichkeit, für besonders gefährdete Orte ein Betretungsverbot auszusprechen.
Auf dieser Grundlage hat der Gesundheitsminister dann unmittelbar mit Verordnung ganz allgemein „das Betreten öffentlicher Orte“ verboten. Dieses Verbot ist nunmehr mit 13. April 2020 befristet.
Eine Definition, was konkret unter „öffentlichen Orten“ zu verstehen ist, fehlt in dieser Verordnung. Klar ist, dass das gesamte Bundesgebiet nicht als „bestimmter Ort“ zu verstehen sein kann; die von der Verordnung genannten „öffentlichen Orte“ wegen des Gebots der gesetzmäßigen Interpretation von Verordnungen irgendwie eine Konkretisierung der „bestimmten Orte“ sein müssen.
Eine gesetzliche Definition, was unter „öffentlichen Orten“ zu verstehen ist, findet sich in § 1 Z. 11 Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz: „Öffentlicher Ort“ ist jeder Ort, der von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis ständig oder zu bestimmten Zeiten betreten werden kann einschließlich der nicht ortsfesten Einrichtungen des öffentlichen und privaten Bus-, Schienen-, Flug- und Schiffsverkehrs. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in seinem Erkenntnis VwGH 20. 3. 2012, 2011/11/0215, erkannt, dass dieser Begriff durch das Wesensmerkmal der allgemeinen Zugänglichkeit geprägt ist. Davon abzugrenzen sind Räume, die nur für bestimmte (individuell bezeichnete) Personen zugänglich sind, diese fallen daher nicht unter den Begriff „öffentlicher Ort“.
In diesem weitesten Verständnis wären alle Straßen, Wege und Parks, aber auch Ämter, Schulen, Bahnhöfe, Parkgaragen, öffentliche Toiletten und Müllsammelstellen von dieser Verordnung umfasst. Ob dieses weite Verständnis gesetzeskonform ist, ist aber zu bezweifeln. Es sprechen gute Gründe dafür, dass unter diesen „öffentlichen Orten“ nur ganz allgemein „Orte“ zu verstehen sind, die von einem nicht beschränkten Personenkreis zum Aufenthalt aufgesucht werden können. Also konkret im Sinne des Gesetzes Orte, wie Kinderspielplätze, Sportplätze, See- und Flussufer oder konsumfreie Aufenthaltszonen; nicht aber etwa Straßen und Wege, Parkgaragen, öffentliche Toiletten und Müllsammelstellen.
Klar ist, dass diese Verordnung den Zweck hat, die Ausbreitung von COVID-19 zu verhindern; ganz allgemein für alle Vorsichtsmaßnahmen dringend zu empfehlen sind. Es ist aber nicht alles verboten, was zur Verhinderung der Ausbreitung von COVID-19 nicht gut zu heißen ist.
Welche Orte tatsächlich als rechtlich „verbotene Orte“ zu beurteilen sind, wird die Judikatur zu entscheiden haben. Die Verordnung hat überdies auch noch Ausnahmen bestimmt, wo das Betreten „öffentlicher Orte“ doch zulässig ist (dazu morgen im COVID-INFO-SPEZIAL Nr. 13)
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