Familienunternehmen werden gerade im Fall des Ablebens von Familienmitgliedern, der Erkrankung, aber etwa auch bei Meinungsverschiedenheiten oder Scheidungen bedroht. Die allgemeine Rechtslage sieht dazu noch Regelungen vor, die den Bestand eines Famlienunternehmens gerade in schwierigen Zeiten noch zusätzlich gefährdet. Dies muss aber nicht sein.
Charakteristisch für Familienunternehmen ist, dass die Entscheidungsgewalt über ein Unternehmen in der Hand der Familie – also von meist verwandtschaftlich verbundenen Personen – liegt; dieses also vom bzw. von den Unternehmern, deren Ehegatten, Kindern oder Erben betrieben wird. Häufig soll ein Familienunternehmen auch der Versorgung der Familie dienen.
Familienunternehmen liegt eine „Familienverfassung“ zugrunde, die durch die Werte, Vorstellungen und Ziele der die Familie bzw. das Unternehmen prägenden Personen entscheidend gestaltet wird. Diese Verfassung ist häufig nicht geschrieben, wird bloß „gelebt“; sie findet Eingang in jeweils einzelne Entscheidungen und Maßnahmen in der Familie, ohne dass sie planmäßig gestaltet wird.
Je breiter die Familie ist bzw. wird, desto intensiver ist einer Unternehmerfamilie anzuraten, das Familienunternehmen und die damit in Zusammenhang stehenden Vermögenswerte unter den Schirm einer Familienverfassung zu stellen.
Eine solche Familienverfassung dient so regelmäßig dem Zweck, das Unternehmen auf Dauer in der Familie anzulegen; dies auch und gerade über Generationenwechsel, Eheschließungen, mögliche Scheidungen, Geburten und Todesfälle hinweg. Sie ist so mehr als der Gesellschaftsvertrag des Unternehmens; steht vielmehr als rechtlich verbindliche Klammer über diesem. Sie verstärkt regelmäßig die Treuepflichten der Gesellschafter, berücksichtigt häufig auch Versorgungsgedanken der Familie. Auch eine Beschränkung des Kreises jener Personen, an die ein Unternehmensanteil veräußert werden kann, die Bestimmung, in welchen Fällen eine solche Veräußerung stattfinden kann oder muss und zu welchen Konditionen – insbesondere zu welchem Entgelt – eine Übertragung zu erfolgen hat, ist wesentlicher Teil einer Familienverfassung.
Eine sorgfältig erstellte und durchdachte Familienverfassung trifft vernünftige und faire Regelungen für die Veränderungen des Lebens unter Berücksichtigung der Besonderheiten eines Famlienunternehmens. Besonders bedeutsam ist dabei, Auseinandersetzungen innerhalb der Familie zu vermeiden.
Auf der Grundlage einer Familienverfassung sind auch Änderungen der Rechtsform eines Unternehmens unbedenklich; sie stellt so gerade sicher, dass sich ein Familienunternehmen geänderten Marktbedingungen oder steuerlichen Überlegungen anpassen kann.
Ausgangspunkt einer Familienverfassung müssen jeweils die Interessen und Möglichkeiten der einbezogenen Familienmitglieder sein. Gerade wenn nicht alle Familienmitglieder in gleicher Weise an einer Führung des Unternehmens interessiert sind, gilt es klare Regelungen festzulegen; dies vor allem, wenn Familienmitglieder zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit unterschiedlichen Leistungen bedacht werden und nicht zu letzt, um spätere Anfechtungen und Auseinandersetzungen im Scheidungs- oder Todesfall zu vermeiden.
Eine Familienverfassung kann so gestaltet werden, dass sie für die Öffentlichkeit nicht einsehbar ist; sie insbesondere nicht wie ein Gesellschaftsvertrag von jedermann im elektronischen Firmenbuch gelesen werden kann.
Dr. Werner Borns, Rechtsanwalt
im Mai 2013