Vorsicht bei Reihenhäusern!

15.09.2011 | Immobilienrecht

Nachträgliche Wintergärten, Markisen und Lauben sind nur bei entsprechender Gestaltung des Wohnungseigentumsvertrages und Eintragung von „Zubehör-Wohnungseigentum“ im Grundbuch möglich.

 

Der Garten als Zubehör zum Reihenhaus.

Ein Haus mit Garten ist der Traum vieler Österreicher. Wer einer Mietwohnung entfliehen möchte und trotzdem in zentrumsnaher Lage im „Grünen“ leben möchte, entscheidet sich oft für ein Reihenhaus. Gerade der angeschlossene Garten ist dabei das entscheidende Motiv für den Erwerb eines Reihenhauses.

 

Nun zeigt leider die praktische Erfahrung, dass gerade mit diesen Gartenteilen von Reihenhaus-Anlagen (oder auch Gärten von Ei­gen­tumswohnungs-Anlagen) bei der Begründung von Woh­nungs­eigentum in einer Weise verfahren wurde, die der aktuellen Judikatur des Obersten Gerichtshofs widerspricht.

 

In vielen Fällen sind nämlich die jeweiligen Gärten nicht konkreten Ei­gentümern als „Zubehör-Wohnungseigentum“ im Grundbuch zu­ge­wiesen, sondern bloß faktisch oder im Woh­nungs­eigen­tums­ver­trag bestimmt.

 

Diese „Nichtanführung“ des Gartens im Grundbuch kann für den Ei­gentümer des Reihenhauses oder der Eigentumswohnung aber dramatische Konsequenzen haben. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich erst kürzlich ausgesprochen, dass der Wohnungseigentümer nur bei entsprechender Grundbuchseintragung als „Zubehör-Wohnungseigentum“ auch Eigentümer „seines“ Gartens wird. Wurde die Eintragung verabsäumt, zählt der Garten juristisch – wie etwa die Hausfassade oder die Stiegen – zu den allgemeinen Teilen des Hauses. Auch eine ausschließliche Nutzung durch den vermeintlich berechtigten „Eigentümer“ des Gartens ist damit grundsätzlich nicht möglich. Damit wird aber auch der Wert des Reihenhauses erheblich negativ beeinträchtigt.

 

Was kann ein Wohnungseigentümer im Garten verändern ?

Der Eigentümer eines Reihenhauses oder einer Eigentumswohnung ist rechtlich ein Wohnungseigentümer. Rechtliche Grundlage ist das Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Nach dem WEG hat der Wohnungseigentümer das dingliche Recht, eine selbständige Wohnung oder sonstige Räumlichkeit ausschließlich zu nutzen und alleine darüber zu verfügen. Die außerhalb der Wohnung (oder Räumlichkeit) gelegenen Teile sind davon nicht umfasst, sofern nicht andere Regelungen wirksam getroffen sind.

 

Zur Begründung des Wohnungseigentums bedarf es

  • einer schriftlichen Vereinbarung der Wohnungseigentümer, somit eines Wohnungseigentumsvertrages, und
  • der Eintragung des Wohnungseigentums im Grundbuch.

Gärten, Lagerplätze, Keller- oder Dachbodenräume können nach der gesetzlichen Regelung des WEG als Zubehör zum Wohnungseigentum einem Wohnungseigentümer zur Nutzung wie Wohnungseigentum zugewiesen werden. Wird dieses Zubehör im Grundbuch ausdrücklich eingetragen, kann der Wohnungseigentümer auch das Zubehör (wie ein Eigentümer) ausschließlich benutzen; also auch darin Veränderungen vornehmen, solange dies die Sphäre der anderen nicht berührt.

 

Vom Wohnungseigentum und „Zubehör-Wohnungseigentum“ sind die „allgemeinen Teile“ der Liegenschaft zu unterscheiden. Die allgemeinen Teile der Liegenschaft (Fassade, Stiegen, Heizungsanlagen, etc.). müssen nicht durch alle Wohnungseigentümer benützt werden, um allgemein zu sein. Will ein Wohnungseigentümer aber allgemeine Teile der Liegenschaft verändern oder ausschließlich benützen – etwa an „seiner“ Fassade eine Markise anbringen – so ist dazu grundsätzlich auch die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich.

 

Zubehör zum Wohnungseigentum.

Nach der jüngeren Judikatur des Obersten Gerichtshofes entsteht das Recht eines Wohnungseigentümers auf sein Zubehör – also etwa den Garten – nur dann, wenn das Zubehör im Eigentumsblatt (B-Blatt) des Grundbuchs ausdrücklich angeführt ist.

 

Fehlt es an der erforderlichen Eintragung, handelt es sich beim Zubehör nur um allgemeine Teile der Liegenschaft (OGH 5 Ob 78/10x). Jedwede besondere Nutzung dieses Zubehörs durch den „Scheinzubehöreigentümer“ setzt daher die Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer voraus; es bedarf daher für das Anbringen einer Markise, die Errichtung eines Swimming-Pools oder den Anbau eines Wintergartens oder eines Carports der Zustimmung aller Wohnungseigentümer.

 

Diese Zustimmung wird in der Praxis meist aber nicht zu erreichen sein, weil sich zumindest ein Wohnungseigentümer finden wird, der – aus welchen Gründen auch immer – am Vorhaben des „Scheinzubehöreigentümers“ etwas auszusetzen haben wird.

 

Alte Verträge sind dringend zu sanieren.

In der Literatur wird sogar die Auffassung vertreten, dass das Fehlen der Eintragung von „Zubehör-Wohnungseigentum“ an Gärten, Lagerplätzen, Keller- oder Dachbodenräumen zur Nichtigkeit der Wohnungseigentumsbegründung dieser Liegenschaft führt; somit Wohnungseigentum nicht wirksam begründet wurde. Die „Wohnungseigentümer“ sind in diesem Fall nur schlichte Miteigentümer der Liegenschaft (Hausmann, Praktische Konsequenzen der wohnungseigentumsrechtlichen „Zubehör-Rechtsprechung“ des OGH, wobl 2011,160).

 

Diese Situation führt zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit. Es gilt so für Wohnungseigentums-Gemeinschaften dringend, die Eintragung von Gärten als „Zubehör-Wohnungseigentum“ im Grundbuch nachzuholen, wenn dies etwa nicht so eingetragen ist.  

 

Dr. Werner Borns, Rechtsanwalt

im September 2011

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